07.10.2022
Wann merkt man wenn es Herbst wird? Nicht nur daran das die Tage kürzer und die Nächte länger werden. Man merkt es auch daran das Fotozeitschriften wieder Artikel oder Sonderhefte über „Nachtfotografie“ herausbringen.
Und dabei fällt mir immer wieder auf: in diesen Artikeln wird gar nicht die Nacht und ihren dunklen Zauber und Geheimnisse gezeigt – eher das Gegenteil ist der Fall. Das Licht spielt die Hauptrolle in den gezeigten Fotos und im Text.
Lichtspuren, Stadtansichten im Glanze ihrer Beleuchtung, vorzugsweise in der blauen Stunde – aber erst wenn sie vorbei ist fängt für meinen Verständnis die Nacht erst an.
Grell beleuchtete Riesenräder auf dem Jahrmarkt.
Der Lichtmalerei wird auch immer wieder gern ein ganz großes Kapitel in solchen Zeitschriften gewidmet. Nichts gegen die Lichtmalerei – manche Fotos sind wirklich ästhetisch gelungen – aber was hat das mit Nachtfotografie zu tun?
Und was regelrecht inflationär gezeigt wird: Sterne – und hier vorzugsweise die Milchstraße. Milchstraße über Burg Eltz, über Berge, über einem See – und die Steigerung natürlich: Milchstraße spiegelt sich in einem See.
Ich habe den Eindruck dass, so viel Sterne es in der Milchstraße gibt, so viele Fotos finden sich von ihr in Büchern, Zeitschriften, Internet.
Nun frage ich mich: warum fotografieren die meisten Menschen nur das, was schon zig tausendmal gezeigt worden ist. Ist es für sie wirklich befriedigend das zu fotografieren, was andere schon vor ihnen schon lange vorher veröffentlicht haben? Ist es die „Like-Sucht“ in den Communitys was sie dazu antreibt? Gibt es keine eigenen Ideen mehr? Keinen Mut andere Wege zu gehen, neue Wege? Und was speziell die Nachtfotografie betrifft: dunkle Wege?
Ich bin es jedenfalls leid immer wieder die gleichen Fotos zu sehen: Milchstraße, Sternenspuren, Nordlichter (kann sich ja auch jeder leisten im Winterhalbjahr nach Norwegen zu reisen), Skylines, Lichtspuren, Lichtmalerei – Licht, Licht Licht. Auch hier eine regelrechte Lichtverschmutzung. Und von der Nacht, mit all ihren Geheimnissen, keine Spur. Nicht die Nacht spielt die Hauptrolle, sondern das Licht. Die Nacht dient lediglich dazu das Licht bestmöglichst zur Geltung kommen zu lassen. Die Nacht ist hier zu einem Statisten verkommen.
Damit ihr mich nicht falsch versteht: Natürlich braucht es Licht in der Nachtfotografie, sonst würden wir ja alle überwiegend schwarzsehen. Doch der Einsatz von Licht sollte die Geheimnisse der Nacht wahren, sie nur andeuten, eine Ahnung von ihnen geben – und sie nicht brutal ins Licht zerren. Der Einsatz von Licht in der Nacht sollte nach dem Grundsatz „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ erfolgen und nicht nach „alles was geht“.
Will man den Zauber der Nacht fotografieren, dann muss man die ausgetretenen Pfade des Allgegenwärtigen und Gewöhnlichen verlassen. Dann ist man alleine in der Nacht abseits von Licht und Trubel. Allein in der Nacht in wirklich dunklen Gegenden – ich liebe es, doch ich verstehe auch das sich viele davor ängstigen. Aber warum eigentlich? Hier draußen ist niemand der mir gefährlich werden kann. Und müssten wir uns eigentlich nicht mehr vor den Menschen und ihren Taten bzw. Untaten fürchten? Betrunkene voll Aggression und Testosteron? Nachtblinde Autofahrer die mich im Straßenverkehr übersehen?
Nachtfotografie, wie ich sie verstehe, bedeutet viel auszuprobieren. Es bedeutet lange Wege mit relativ schweren Gepäck. Es bedeutet viele Fotos zu machen die nicht das sind was ich eigentlich will. Ich kann die ganze Nacht fotografieren und es kommt nichts dabei heraus. Es kann aber auch dieses eine Bild entstehen, das ich mir in meiner Fantasie schon lange vorgestellt habe. Und endlich … endlich ist es mir dann gelungen. Das ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl. Allein dafür lohnt sich alle Mühe. Das gibt mir wirklich was.
Und nicht Fotos zu machen für billig erworbene Likes. Nicht aus dem Mainstream für den Mainstream. Nicht aus dem Kreislauf des Durchschnitts und Langeweile.
In diesem Sinne … möge die Nacht mit Euch sein …
Admin - 09:53:50 | Kommentar hinzufügen